Was wäre wenn ... persönliche Gedanken
Die Recherchen zum Thema “Wenn ein Kind stirbt” begannen mit Gedenkseiten, die für Kinder angelegt wurden. Auf diesen Seiten findet man schöne Texte, Gedichte und Bilder. Selten aber den Grund des frühen Todes. Das hat mich immer wieder aufgewühlt, denn es bleibt eine offene Frage zurück – warum. Im Sommer habe ich einige Erfahrungsberichte von Eltern gelesen, die ein Kind verloren haben. Die Beschreibung der Geschehnisse, die Einbettung in eine Abfolge von Ereignissen ist einfacher zu ertragen.
In einem Gespräch mit Petra Hohn vom Bundesverband Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister in Deutschland (VEID) e.V. wurden die ersten Schritte zur Aktion Lichtpunkt erdacht. Mit dieser Aktion stoße ich auf ein Thema, das mich sehr berührt, das mich erfasst und unheimlich traurig macht. Als Mutter eines dreijährigen Mädchens fällt es mir natürlich nicht leicht, die Schicksale verwaister Eltern und Geschwister ausreichend von mir zu trennen. Immer wieder komme ich an den Punkt, wo ich mir vorstelle: “Was wäre wenn…”
Der Gedanke, was wäre, wenn das eigene Kind stirbt, der ist eigentlich nicht denkbar. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man sich fühlt, wenn das passiert. Wie soll das auch gehen?
Als wir die Website und die Postkarten, den Trailer und die Facebookseite planten, mussten wir viel über die Bilder nachdenken, die wir verwenden wollen. Kann man verwaistern Eltern Bilder von Kindern präsentieren, oder reißt das zu viel auf? Kann man Nicht-Betroffenen Worte über verstorbene Kinder sagen, oder schockiert das zu sehr? Wir haben selbst festgestellt, dass ein einziger Satz bereits eine Gedankenwelt aufbringt, die nicht einfach zu ertragen ist. Aber was ist schon die Vorstellung gegenüber dem wirklichen Erleben?
Ich habe großen Respekt für alle Eltern, die ein Kind verloren haben, für ihre Stärke weiterzumachen, für ihren Mut, darüber zu sprechen und für ihre Kraft, die sie z.B. in Selbsthilfegruppen an andere Betroffene weiter geben.
Wie geht man damit um, wenn im Bekanntenkreis ein Kind stirbt? Wie kann man helfen? Petra Hohn sagt, jeder kann etwas für die Trauernden tun: “Einfach da sein, nicht wegschauen. Sie in ihrem Schmerz aushalten.” Wir haben von verwaisten Eltern gehört, dass sie nicht nur ein Kind, sondern oft auch einen ganzen Freundeskreis verloren haben, weil die Freunde nicht mehr mit ihnen umgehen konnten. Auch ich stelle mir das schwer vor, machbar, aber schwer, und ich bin sehr froh, dass es mit Verbänden wir dem VEID auch professionelle Hilfe gibt.
Seit ich mich mit dem Sterben von Kindern auseinandersetze, mich den Erlebnissen von Erzählenden stelle, Bilder sehe und Erfahrungen höre, nehme ich mein eigenes Kind noch intensiver wahr. Ich genieße jeden Augenblick mit meiner Tochter, denn mir ist klar, dass es kein Versprechen auf Ewigkeit gibt. Doch die Frage Was wäre wenn… kann ich nicht beantworten.
Juliane Uhl, conVela-Erinnerungskultur, für die Aktion Lichtpunkt
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kimberra (Montag, 15 Oktober 2012 18:25)
Vielen Dank für Ihren Blog und Ihre Unterstützung der Aktion Lichtpunkt. Ihren Beitrag ‘Was wäre wenn…’ habe ich gerne gelesen. Als verwaister Papa kann ich Ihnen nur Mut machen. Veröffentlichen Sie Bilder von Kindern, auch von toten Kindern; Texte über diese Kinder und deren Geschichten (sowie die Geschichten ihrer Eltern) und auch deren Gedankenwelt, so weit sie in Sprache fassbar ist. Mir persönlich geht es seit meine Tochter Keke gestorben ist so, dass ich nie denke, dass mir so etwas nicht zugemutet werden kann. Ich kann mich vielleicht nicht 24 Stunden am Tag damit beschäftigen, aber ich bin froh über jeden Schnipsel, der die Erinnerung an die toten Kinder ermöglicht.
Mein Statement wäre: Haben Sie nicht die Sorgen, dass Sie die Leute mit diesem Thema überfordern, wer dafür nicht ‘bereit’ ist, schaltet ohnehin um.