Jedes Jahr möchten wir einen Regionalverband des VEID e.V. – Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister in Deutschland – vorstellen. Denn die Arbeit der einzelnen Gruppen findet zu wenig öffentliche Beachtung, trotz ihrer immensen Bedeutung für die Betroffenen. Heute haben wir mit Ilona Stegen gesprochen. Sie ist für die Öffentlichkeitsarbeit der Verwaisten Eltern und Geschwister Hamburg e.V. verantwortlich, einem der am längsten aktiven Vereine in der Trauerbegleitung. Sie stand uns Rede und Antwort.
Regionalgruppe
Verein Verwaiste Eltern und Geschwister Hamburg e.V.
Als die Psychologin und Theologin Dr. Mechthild Voss-Eiser in den frühen 1980er Jahren zu einer Studienreise in die USA aufbrach, ahnte sie nicht, welchen Grundstein sie damit legen würde. Vor Ort konnte sie erleben, wie verwaiste Eltern in Gruppen und durch professionelle Trauerbegleiter in ihrer Trauer unterstützt wurden – ein Konzept, das in Deutschland seinesgleichen suchte. Mechthild Voss-Eiser importierte die Idee in ihre Heimatstadt Hamburg und organisierte ein erstes Treffen. Rund 30 Personen erschienen damals, hauptsächlich betroffene Mütter. Dann kamen auch die Väter, schließlich die Geschwister.
Denn so ein Verein funktioniert nicht ohne idealistische und motivierte Mitglieder und Unterstützer. Heute blickt Verwaiste Eltern und Geschwister Hamburg e.V. auf eine über 25-jährige Vereinsgeschichte zurück. Eine Zeit, in der mit viel Engagement aus einem zarten Pflänzchen ein starker, schützender Baum für viele trauernde Menschen geworden ist. Und so hat sich auch die Arbeit des Vereins seit den 90er Jahren stark ausdifferenziert: Vierzehn ausgebildete Trauerbegleiter leiten Gruppen für Eltern, deren Kinder still zur Welt kamen, durch Krankheiten oder Unfälle starben, den Suizid wählten. Speziell ist eine Gruppe für Eltern, deren Kinder einem Gewaltverbrechen zum Opfer fielen. Und auch trauernde Geschwister und Kinder, die ein Elternteil verloren haben, finden in Hamburg professionelle Unterstützung.
"Nur Klarheit schafft Vertrauen," ist die Devise von Bärbel Friederich (70). Seit 2011 führt sie den Verein als 1. Vorsitzende, war zuvor schon viele Jahre ehrenamtlich und als 2. Vorsitzende engagiert. Bärbel Friederich blieb dabei immer ihrer klaren Linie treu - sie ist das Gesicht des Vereins, repräsentiert ihn nach außen und hält nach innen zusammen, was zusammen gehört.
So ein Verein funktioniert nicht ohne seine Mitglieder und Unterstützer. Wir haben mit Ilona Stegen gesprochen, die in Hamburg für die Öffentlichkeitsarbeit und das Fundraising zuständig ist, und sie gebeten, unter den vielen meist ehrenamtlich arbeitenden Personen im Verein eine zu benennen, deren Engagement sie besonders zu schätzen gelernt hat. „Das wären viel zu viele,“ kommentierte Ilona Stegen unsere Frage, „doch einen, ja, den gäbe es dann doch: Gerhard Wittmann.“
Durch den Tod seines Enkelkindes fand Gerhard Wittmann (77) seinen Weg zu den Verwaisten Eltern und Geschwister Hamburg. Seit 2012 unterstützt er dort sehr engagiert und ausdauernd die Öffentlichkeitsarbeit und ist im Vorstand aktiv. Der Pensionär hat viele Jahre als Controller bei einer Versicherung gearbeitet. Der Umgang mit Zahlen, das Organisieren und das Netzwerken liegen ihm im Blut. Da lag es für ihn nah, dass er diese Qualitäten und Stärken mit in den Verein einbringt, denn dieser muss sich in erster Linie durch Spenden finanzieren. Wittmann wälzte die Bücher, studierte Online-Artikel, stellte Kontakte her, kalkulierte Kosten und verfasste Anschreiben. „Er hat,“ so Ilona Stegen, „durch seine Beharrlichkeit wesentlich dazu beigetragen, dass unser Fundraising mehr Zuspruch bekam.“ Krankenkassen etwa, von denen der Verein keine Regelleistungen erhält, konnte er durch hartnäckige Aufklärungsarbeit davon überzeugen, die wichtige Gruppenarbeit durch die Übernahme laufender Kosten zu fördern.
Nun scheiden Bärbel Friederich und Gerhard Wittmann im Februar aus der aktiven Vorstandstätigkeit aus. Dass sie den Verwaisten Eltern und Geschwistern Hamburg dennoch erhalten bleiben, darauf hofft Ilona Stegen sehr. „Ihre Arbeit der letzten Jahre war für uns so wertvoll. Dafür danken wir ihnen sehr! Ich wünsche mir, dass Bärbel Friederich und Gerhard Wittmann Botschafter für unseren Verein und alle verwaisten Eltern und Geschwister bleiben, um Menschen wach zu rütteln und auf die Trauer, die täglich inmitten von uns stattfindet, aufmerksam zu machen.“
PS: Nein, es ist kein Tippfehler, Gerhard Wittmann ist 77 Jahre alt – wie bewundernswert! Auch die Aktion Lichtpunkt dankt ihm Bärbel Friederich für ihr Engagement und wünscht ihnen alles Gute!
Mehr Informationen unter:
Verwaiste Eltern und Geschwister Hamburg e.V.
Bogenstraße 26
20144 Hamburg
Tel: 040 / 45 000 914
Email: info@verwaiste-eltern.de
Jahresberichte des Vereins finden Sie unter: http://www.verwaiste-eltern.de/ueber-uns/der-verein.html
Vielen Dank für Ihr Interesse und Ihre Unterstützung!
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Ilona Stegen (Mittwoch, 11 Januar 2017 15:42)
Liebes Lichtpunkt-Team,
vielen Dank für diesen ausführlichen Beitrag. Großartig!
Liebe Grüße aus Hamburg Ilona Stegen